Levien, Max
Levien (auch: Levin, Lewien, Levine[1]), Max (Maks [Maksimilian Lüdvigovi] Ljudvigovič)
Dr. phil. (?)
* 09./22.05.1885 Moskau[2], † 17.06.1937 Moskau (hingerichtet)[3]; n.e.
Mittelschule, 1893–1897 Deutsches Gymnasium in Moskau, ab 1897 Gymnasium in Meißen, 1902 Abitur, ab Herbst 1905 Studium der Naturwissenschaften in Halle. 1905 Teilnehmer an der russischen Revolution, 1906 Eintritt in die Partei der Sozialrevolutionäre, 1906–Dezember 1907 in Moskau in Haft, dann nach Tver’ verbannt. Flucht nach Zürich, ab Herbst 1908 Fortsetzung des Studiums an der philosophischen Fakultät der Universität Zürich. Kontakte zu Lenin, Sommer 1913 Promotion[4] (Diss. n.e.), dann Übersiedlung nach Deutschland, bayer. Staatsangehöriger, Laborassistent in München, 29.10.1913 freiwillige Meldung zum bayer. Leibinfanterie-Regiment, 1914–1918 Kriegsdienst. November 1918 Vorsitzender des Münchener Soldatenrats und der Münchener Spartakusgruppe, Dezember 1918–Januar 1919 Teilnehmer an der Reichskonferenz des Spartakus. 13.04.–01.05.1919 Hauptkriegskommissar der Räterepublik.
Nach Niederschlagung der Räterepublik verhaftet, Mai 1919 Flucht in die Tschechoslowakei, dann in Wien, 07.10.1919 in Wien verhaftet, in Deutschland Aussetzung einer Belohnung von 10.000 Mark für Hinweise zur Ergreifung Leviens. Ende 1920 Freilassung durch die österreichischen Behörden (trotz bayer. Auslieferungsersuchen), Juni 1921 Übersiedlung nach Moskau, 1925 Eintritt in die KPR(B), Tätigkeit für die Komintern, Herausgeber der (deutschsprachigen) Zeitschrift "Unter dem Banner des Marxismus". Ab 1927 bei der Kommunistischen Akademie in Moskau, Leiter der Abteilung Biologie der Sektion Naturwissenschaften, Anhänger Abram Deborins, daher in den 1930er Jahren als Anhänger des menschewisierenden Idealismus diskreditiert. 1930 Mitglied des Präsidiums, dann Professor an der Universität Moskau, 1932 Leiter der Abteilung für evolutionäre Studien und Geschichte der Wissenschaften, u.a. Mitherausgeber der Großen Sowjetischen Enzyklopädie. Zum Zeitpunkt der Verhaftung am 10.12.1936 durch den NKWD (НКВД) Leiter des Kabinetts für Geschichte und Philosophie der Naturwissenschaften der Moskauer Staatlichen Universität.
16.06.1937 vom Militärkollegium des Obersten Gerichts der UdSSR wegen Mitgliedschaft in einer antisowjetischen terroristischen Organisation zum Tode verurteilt und hingerichtet, seine sterblichen Überreste wurden auf dem Donskoe Friedhof in Moskau kremiert, 01.09.1956 vom Militärkollegium des Obersten Gerichts der UdSSR rehabilitiert.
1906 (russische) Partei der Sozialrevolutionäre, 1909–1913 Mitglied der Sozialdemokratischen Partei der Schweiz, in Zürich Kontakte zu Lenin und Anhänger der Bolschewiki, 1918 Spartakus, 1918–1925 KPD, neben Eugen Leviné maßgeblicher Führer der KPD in München. 1918/19 Delegierter Bayerns auf dem 1. Parteitag der KPD, Mitglied des Revolutionären Arbeiterrats, des Vollzugsausschusses des Münchener Soldatenrats, des Zentralrats (21.–28.02.1919), des Aktionsausschusses des Rätekongresses (bis spätestens 20.03.1919), des Revolutionären Zentralrats, des Aktionsausschusses der Betriebs- und Soldatenräte Münchens, des Vollzugsrats der Betriebs- und Soldatenräte Münchens (13.–27.04.1919). [Vor 16.04.1919 Mitglied des Propaganda-Ausschusses], 1925 KPR(B).
Q.: Ehberger/Merz, Hoffmann I, S. 181, Anm. 2; Weber/Herbst, S. 544f.; Köglmeier Anhang XV, Anhang XVI, Nr. 173; A. E. Gaissinovitch/Mark B. Adams: in: Journal of the History of Biology, Vol. 13, No. 1 (Spring, 1980), S. 1–51, v.a. S. 36f.; Biographisches Handbuch der Kommunistischen Internationale (Datenblatt auf CD-ROM); Mitt. Dr. Wladislaw Hedeler, Berlin (P. V. Alekseev: Filosofy Rossii. XIX-XX stoletij. Biografii, idei, trudy. Moskau 1999, S.450. Rasstrel’nye spiski. Moskva 1935-1953. Donskoe kladbišče [Donskoj krematorij]. Kniga pamjati žertv političeskich repressij. Moskva: Zven’ja 2005, S. 267; Rasstrel’nye spiski. Moskva 1935-1953. Donskoe kladbišče [Donskoj krematorij]. Kniga pamjati žertv političeskich repressij. Moskva: Zven’ja 2005, S. 267.
Bildnachweis: Bildarchiv der Bayerischen Staatsbibliothek, Fotoarchiv Hoffmann, Bildnummer: hoff-2646
Weitere Informationen:
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- GND 132269392
Einzelnachweise
- ↑ Die abweichenden Schreibweisen des Namens nach Gaissinovitch/Adams, S. 36, Datenblatt Biographisches Handbuch Komintern und die Hinweise von W. Hedeler; Pseudonyme: Wiessen (Broué).
- ↑ Die von anderweiten Überlieferungen ggf. abweichenden Geburts- und Sterbedaten ergeben sich aus den in den Quellennachweisen ausgewerteten russischen Quellen.
- ↑ Seit 1919 verbreitete Angaben zur jüdischen Herkunft Leviens scheinen nicht zutreffend zu sein. Vgl. VfZG 1986, Heft 3, S. 318, Anm. 40 und Knütter, Die Juden, S.78.
- ↑ Die genaue Art des Doktorats und der Ort der Promotion von Levien lässt sich nicht zweifelsfrei feststellen. Weber/Herbst nennen ihn Dr. phil., was auch mit der Tatsache korrespondiert, dass er in Zürich an der philosophischen Fakultät eingeschrieben war. Nach Gaissinovitch/Adams, S. 36, studierte er an der Universität Zürich an der "science division of the philosophy faculty" und wurde 1913 mit einer "dissertation in comparative anatomy" promoviert. Im Jahresverzeichnis der Schweizerischen Hochschulschriften (Jahrgänge 1911/12, 1912/13, 1913/14, 1914/15) ist Levien nicht aufgeführt. Der Hinweis bei Ernst Rudolf Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789: Weltkrieg, Revolution und Reichserneuerung, 1914-1919, S. 1121, dass Levien 1913 in München promoviert habe, findet bei Resch, Lieselotte und Buzás, Ladislaus (1979): Verzeichnis der Doktoren und Dissertationen der Universität Ingolstadt - Landshut - München 1472-1970. Namensregister für Band 1-8. Bd. 9. LMU München: Bibliothekswesen http://epub.ub.uni-muenchen.de/2044/ keine Bestätigung (Hinweise v. Florian Sepp, BSB).
Empfohlene Zitierweise: Joachim Lilla: Levien, Max, in: ders.: Staatsminister, leitende Verwaltungsbeamte und (NS-)Funktionsträger in Bayern 1918 bis 1945, URL: https://verwaltungshandbuch.bavarikon.de/Levien, Max (25. November 2024).